Denkwürdiger Auftritt der Vulcan Energy im Neustadter Stadtrat

Geothermieanlage
Geothermie – ja oder nein – Darüber diskutierte der Stadtrat

Einer der Haupttagesordnungspunkte im Neustadter Stadtrat am 22. Juni war die Präsentation von Vulcan Energy zu dem geplanten Projekt in Geinsheim. In den Neustadter Stadtrat kam anders als in Bad Dürkheim und Landau kein Geschäftsführer, sondern mit Jörg Zeilinger „nur“ der Chief Operating Officer von Vulcan Energy.


Von ihm gab es die übliche Vulcan „alles-kein-Problem“ Werbung:
Die Firma expandiert auf demnächst 400 Mitarbeiter, man habe zwei zusätzliche Bohrplätze in Landau und beginne noch dieses Jahr mit den Bohrungen. Die Pilot-Lithium-Extraktionsanlage sei im Bau und würde dieses Jahr noch fertig gestellt. In weiten Gebieten der Vorderpfalz starte man im Herbst mit 3 D-Seismik. In Landau soll der Start der Lithiumproduktion 2025 erfolgen. Mit Bad Dürkheim sei man in Verhandlungen über eine Lithium-Extraktionsfabrik. Wärme könne man in Hülle und Fülle produzieren und Neustadt zu 100% mit erneuerbare Wärme versorgen.

Hier ein Faktencheck zu den Versprechen der Vulcan.


Die Aussagen zum Großprojekt in Geinsheim klangen bei Hr. Zeilinger dann etwas defensiver. Bisher war eine Tiefengeothermieanlage und eine Lithium-Extraktionsanlage geplant. Jetzt will man hier doch keine Lithiumsextraktionsanlage bauen, sondern diese in einem nahegelegenen Industriegelände (Standort unklar) und das Lithiumhaltige Wasser und das Industriewasser zwischen Bohrplatz und Lithiumextraktionsfabrik mit vier Rohrleitungen hin und her transportieren. Das sei sowieso notwendig, da man mehrere Bohrplätze mit einer Lithiumextraktionsanlage verbinden wolle.


Die Planungen von Vulcan erscheinen uns doch sehr sprunghaft. Erst soll auf der grünen Wiese neben dem Bohrplatz eine Lithiumextraktionsanlage gebaut werden, dann will man mit der Extraktionsanlage doch lieber ins Industriegebiet. Erst plant man Großprojekte in Landau und Geinsheim/Haßloch. Jetzt kommt möglicherweise eine Lithiumextraktionsanlage nach Bad Dürkheim und auf einmal stellt man einen Teil der Anlage in Geinsheim in Frage (Was uns natürlich freut!) Dafür sollen auf einmal zig Kilometer lange Rohrleitungen zwischen den Standorten verlegt werden, mit entsprechenden Grundwasser-Risiken.


Auch bei der Terminleiste neigt Vulcan zu sehr offensiven Aussagen, die hinterher relativiert werden. Im September 2022 kündigte Vulcan noch an in Geinsheim im Juni 2023 mit den Bohrarbeiten zu beginnen. Als der Stadtrat am Donnerstag nach dem konkreten Zeitplan für das Projekt in Geinsheim fragte, hieß es auf einmal von Vulcan, bevor gebohrt würde, wäre es notwendig erst einmal einen Standort für eine Lithiumextraktionsanlage möglichst in Neustadt zu finden. Dann müssten auch noch die Leitungswege geklärt werden und entsprechende Verträge mit den betroffenen Grundstücksbesitzern abgeschlossen werden. Das ist eine äußerst positive Entwicklung, die aber ein Schlaglicht auf die Planungsaussagen von Vulcan Energy wirft.


Dann hielt Vulcan der Stadt die Karotte vor die Nase. Neustadt könne komplett mit Wärmeenergie zu günstigen Preisen versorgt werden und je nach Investitionsvolumen in der Neustadter Gemarkung, könne die Stadt mit Gewerbesteuern in Millionenhöhe rechnen.


Unausgesprochen stand die Drohung im Raum: Entweder ihr unterstützt uns bei der Grundstücksbeschaffung für die Lithiumextraktionsanlage und beim Projekt in Geinsheim oder die Gewerbesteuermillionen wandern nach Bad Dürkheim. Wenn Neustadt außen vor bleibt, muss die Stadt ihre kommunale Wärmeversorgung möglicherweise selbst organisieren, was mit enormen Investitionen verbunden wäre. Vulcan sieht sich anscheinend in einer Position der Stärke.


In der Diskussion der Stadtratsmitglieder und des OB mit Vulcan wurden trotz eines gewissen Wohlwollens für das Projekt von Vulcan mehrere kritische Themen angesprochen, wie zum Beispiel Erdbeben, Häuserschäden, der stark schwankende Lithiumpreis und der technische Fortschritt, wie z.B. der Natrium-Ionen-Akku. Hier scheint die Informationsarbeit der BIGG durchaus Früchte zu tragen. Vom Stadtrat werden die Gründung der beiden BI’s in Geinsheim und Duttweiler, die verschiedenen Aktionen der BIGG und die vielen Teilnehmer bei der Versammlung in der Festhalle in Geinsheim im April durchaus wahrgenommen.


Der Geschäftsführer der Stadtwerke fragte, wie bei einer Störung der Geinsheimer Geothermieanlage die unterbrechungsfreie Wärmeversorgung sichergestellt werden kann. Darauf antwortete Vulcan, man können ja schließlich in Neustadt mehrere Geothermie Anlagen bauen. Vulcan tritt auf, als hätten sie unbegrenzte finanzielle Mittel. Liest man die Wirtschaftspresse kommen einem doch erheblichen Zweifel, ob Vulcan drei Lithiumextraktionsanlagen in Landau, Bad Dürkheim und Neustadt mit jeweils 3-4 Geothermie Anlagen finanzieren kann.

Außerdem fragten die Stadtwerke, wie bei einem Ausstieg von Vulcan (Insolvenz, Lithiumpreis zu niedrig, Lithiumgehalt im Wasser zu niedrig …) die Anlage weiter betrieben werden kann. Darauf kam die mutige These von Vulcan, der Bau der Anlage sei das Teuerste, der Betrieb sei relativ günstig. Kann man glauben, muss man aber nicht.


Am Ende beauftragte der Stadtrat die Verwaltung Planungen für eine mögliche Geothermie Anlage ergebnisoffen zu begleiten. Dafür sollen auch Bürgervertrauensleute gewählt werden und Informationsveranstaltungen mit unabhängigen Experten durchgeführt werden. Die Lithiumgewinnung steht aus Sicht des Stadtrats nicht im Fokus.


Außerdem setzt sich der Stadtrat für eine Änderung des Bundesberggesetztes ein, damit die Stadt eigene mitteltiefe Geothermie-Projekte umsetzen kann.

Fazit: Es gibt einige erfreuliche Signale, dass die 80.000 qm große Anlage in Geinsheim entweder deutlich kleiner wird oder vorerst überhaupt nicht gebaut wird. Aber man sollte den Tag nicht vor dem Abend loben. Wer weiß, was Vulcan als Nächstes plant. Wir von der BIGG bleiben dran. Versprochen!

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