Kommunalwahl – Unsere Analyse zu den Wahlprüfsteinen


Die BIGG wollte es genau wissen….

Jeder hat es gemerkt: Der Briefkasten war in den letzten Wochen voll mit Wahlwerbung der einzelnen Parteien und Kandidaten für die Kommunalwahl am 9. Juni. Wir als BIGG waren verwundert, dass wir in den Wahlwerbungen von CDU, SPD und FWG keine Hinweise gefunden haben, welche Positionen die einzelnen Bewerber bzw. Fraktionen zum Thema Tiefengeothermie vertreten, obwohl das Thema im letzten Jahr in drei großen Bürgerversammlungen kontrovers diskutiert wurde und viele Bürger aufgewühlt hat.

Daher haben wir uns entschlossen, allen 28 Kandidaten und Kandidatinnen zur Wahl des Ortsbeirates Geinsheim einen Fragebogen zuzusenden, um deren Meinung zu dem Thema Tiefengeothermie-Bohrung in Geinsheim zu erfahren. Unsere Hoffnung war, mit der Befragung mehr Informationen von den Bewerbern und Bewerberinnen zu diesem Thema zu bekommen. Denn unserer Meinung nach haben alle Wahlberechtigten, bevor sie ein Mandat für fünf Jahre vergeben, ein Anrecht darauf zu erfahren, welche Positionen die einzelnen potenziellen Mitglieder des Ortsbeirates Geinsheim bzw. Stadtrates Neustadt  zu diesem für Geinsheim so wichtigen Thema haben. Die Möglichkeit bei der Kommunalwahl, Stimmen zu kumulieren bzw. auf Kandidaten und Kandidatinnen mehrerer Parteien zu verteilen (Panaschieren) eröffnet den Wählern und Wählerinnen die Möglichkeit, diejenigen auf der Liste nach vorne zu bringen, die ihrer Meinung nach die richtigen Schwerpunkte setzen.

Obwohl wir alle 28 Kandidaten und Kandidatinnen persönlich aufgefordert haben ihre Meinung abzugeben, haben sich alle Parteien bis auf eine Ausnahme von der FWG entschieden, nicht individuell zu antworten. Immerhin gab jede Partei ein gemeinsames Statement für ihre gesamte Kandidatenliste ab. Die vollständigen Stellungnahmen der Parteien findet ihr hier.

Um die Aussagen besser bewerten zu können, ordnen wir in dieser Analyse im folgenden Abschnitt die Antworten der Parteien unseren Fragen zu. Das gelingt nicht immer 1:1, aber zu des meisten Fragen gibt es doch in jeder Antwort der Parteien ein klares Statement:



1. Wie stehen Sie zur Tiefengeothermie mit Lithiumförderung? Überwiegen Ihrer Meinung nach eher die Chancen oder eher die Risiken?

FWG:
„Die FWG Geinsheim lehnt die Tiefengeothermie mit Lithiumgewinnung ab. Die Risiken sind kaum überschaubar, die Technologie und ihre Folgen sind unzureichend erforscht„

CDU:
„Tiefengeothermie ist unabhängig von der Lithiumförderung eine erneuerbare Energiequelle und kann zur CO2-freien Wärmeversorgung der Zukunft beitragen. Bei sicherer Verfügbarkeit kann sie helfen, kommunale Wärmenetze aufzubauen.“

SPD:
„Für die SPD Neustadt ergeben sich aus einer Lithiumgewinnung auf Neustadter Gemarkung keine direkten Vorteile für Neustadt, da wir davon ausgehen, dass die Gewerbesteuereinnahmen nicht auf Neustadter Gemarkung anfallen. Würde ein Lithiumabbau allerdings genehmigt, ergäben sich für Neustadt indirekte Vorteile, da Neustadt die anfallende Abwärme nutzen könnte und so dem Ziel der Klimaneutralität näher kommen könnte (…)“


2. Befürworten Sie eine Tiefenbohrung zwischen Geinsheim und der Fronmühle, so wie mehrfach von der Firma Vulkan Energy vorgestellt?

FWG:
„Ein Standort in Siedlungsnähe und noch dazu an einem Wasserschutzgebiet verbietet sich unserer Meinung nach grundsätzlich. Gerade der Transport des Tiefenwassers zur Lithiumextraktionsanlage ob per Tanklastzug oder Pipeline wirft viele ungeklärte Fragen auf und würde unsere Heimat im besten Fall nur weitreichend verändern.“


CDU:
„Die Zukunft des Projekts von Vulcan Energy ist laut neuesten Informationen sehr ungewiss.“

Kommentar der BIGG: Es wäre interessant zu wissen, welche neuesten Informationen der CDU vorliegen? Uns sind keine aktuellen, neuen Informationen zur geplanten Anlage in Geinsheim bekannt.

SPD:
„Die Stadt Neustadt und ihre Gremien sind hier an das Landesrecht gebunden und haben keine Möglichkeit, ein Projekt, das vor diesem Hintergrund genehmigt würde, zu verhindern.“


3. Wir beurteilen Sie die Seriosität von Vulkan Energy hinsichtlich der häufigen Planungsänderungen der Standorte, der Termine und der Wärmeversprechen.

FWG:
„Das hier geplante Vorhaben ist vorwiegend auf Lithiumgewinnung ausgerichtet, was zusammen mit der Tiefengeothermie weitere profitorientierte Risiken birgt. Der dazugehörige ausländische Investor ergänzt diese aufgrund des externen Firmensitzes noch mit zusätzlichen rechtlichen Risiken und wesentlich höheren versorgungssicherheitlichen Risiken.“

CDU:
„Die Zukunft des Projekts von Vulcan Energy ist laut neuesten Informationen sehr ungewiss. Vor diesem Hintergrund möchten und können wir die Seriosität des Unternehmens nicht beurteilen.“

SPD:
„Wir haben in den Gremien sehr unterschiedliche Aussagen und sich verändernde Pläne ohne klare operative Umsetzungsplanungen erlebt. Eine Einschätzung der Arbeit der Firma Vulkan Energy durch ein Gremium der Stadt Neustadt wäre aber irrelevant, da Neustadt nicht die genehmigende Behörde ist.“


4. Nach Bundes- und Landesgesetz werden Schäden z.B. durch induzierte Erdbeben aufgrund von Tiefengeothermie nicht nach Neuwert erstattet. Sehr viele Geschädigten bleiben auf Ihren Schäden sitzen. Würden Sie trotz dieser Gesetzeslage einem Tiefengeothermieprojekt in Neustadt zustimmen?

FWG:
„Ein Standort in Siedlungsnähe und noch dazu an einem Wasserschutzgebiet verbietet sich unserer Meinung nach grundsätzlich.“  

CDU:
„Unsere oberste Priorität ist es, sicherzustellen, dass zukünftige Planungen und Entscheidungen zur Tiefengeothermie, egal ob von Vulcan Energy oder anderen Investoren, keinen Schaden für unsere Gemeinde und ihre Bewohner verursachen. Dies ist der Maßstab unseres Handelns und dafür setzen wir uns ein.“

SPD:
„Unserer Ansicht nach müsste bei privaten Investitionsprojekten die Vermeidung von Schäden für Dritte und für die Allgemeinheit durch unabhängige (!) Gutachten nachgewiesen werden, bei der Frage des Versicherungswertes können wir Ihre Ansicht verstehen, allerdings ist sie nach dem Schadensrecht rechtlich nicht möglich.“


5. Werden Sie sich in dem zukünftigen Ortsbeirat/Stadtrat für einen Resolution gegen Tiefengeothermie einsetzen?

Keine Aussage der Parteien dazu.

Kommentar der BIGG: Hierzu gibt keine Partei eine Stellungnahme ab. Auch aus der Tatsache, dass bisher keine Resolution im Ortsbeirat verabschiedet wurde, obwohl dies in einer Ortsbeiratssitzung im Rahmen einer Präsentation der BIGG vorgeschlagen wurde, lässt vermuten, dass man sich nicht öffentlich positionieren will. Schade, denn diese Botschaft würde bei Vulcan sicher ankommen. Das beste Beispiel dafür sind die Beschlüsse des Gemeinderats Haßloch gegen die Tiefengeothermie, die sicher Eindruck hinterlassen haben.


6. Bitte nennen Sie uns Ihre fünf wichtigsten Ziele für die nächste Legislaturperiode.

FWG und CDU: Keine Aussage dazu.

SPD:
– Geinsheim familienfreundlicher machen
– Sauberes Geinsheim – Ein optimiertes System
– Geinsheim in der Stadtpolitik sichtbarer machen: Ortsbeirat stärken
– Ortsbeirat und Verwaltung: Entscheidungen beschleunigen und bürgerfreundlich machen

Kommentar der BIGG: Unser Ziel hinter dieser Frage war, zu ermitteln, ob die Kandidaten und Kandidatinnen bzw. die Parteien die Verhinderung des Lithium-Bergbaus in Geinsheim auf der Agenda der nächsten fünf Jahre haben. Leider gehört dieses so wichtige Thema nicht zu den 5 Top-Themen der Parteien. Das ist sehr verwunderlich, denn schließlich haben über 700 Geinsheimer die Petition unterschrieben und auch zu hunderten die roten Bänder als Ausdruck des Protestes gegen die Lithiumfabrik an ihren Häusern aufgehängt.


Relevanz des Thema Lithiumfabrik für die Geinsheimer Lokalpolitik

Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, dass von den 28 Ortsbeiratskandidatinnen und -kandidaten nur ein einziger, Karl Linnenfelser (CDU), Mitglied in der BIGG ist. Auch unseren BIGG-Newsletter, der ja zu nichts verpflichtet, wurde nur von einem weiteren Kandidaten (FWG) abonniert. Einen großen Teil des Dorfes treibt dieses Thema um, aber in der Politik scheint es nicht überall hohe Relevanz zu genießen.

Immerhin war mit Monika Kucera (FWG) wenigstens eine Kandidatin bereit, ein eigenes Statement abzugeben:
Ich als Ortsbeirats- und Stadtratskandidat möchte die Interessen des Ortes vertreten und sehe mich verpflichtet mich zu jeglicher Zeit über Themen wie das Geothermie-Vorhaben von Vulcan in Geinsheim zu informieren. Dazu habe ich diverse Informationsveranstaltungen auch von der BIGG besucht und eigenständig Recherche betrieben. Ich komme zu dem Schluss, dass das von der Firma Vulcan beabsichtigte Projekt aus vielerlei Gründen nicht im Interesse von Geinsheim und der Stadt Neustadt ist. Ich kann keinen realistischen Mehrwert weder für die Bevölkerung noch die umgebende Fauna oder Flora erkennen. Die Risiken überwiegen bei weitem die Vorteile. Falls Folgeprojekte dieser Art in der nächsten Legislatur aufkommen, so werde ich diese erneut nach bestem Wissen und Gewissen prüfen und abwägen. Eine pauschale Festlegung vorab lehne ich ab, da ich nicht in die Zukunft sehen und mit Bestimmtheit sagen kann was kommt. Gerne bin ich weiterhin für sachliche Informationen offen.

Meine Bestrebung ist es, meine Heimat für alle Generationen bedürfnisorientiert zu gestalten und dadurch die individuelle Selbstwirksamkeit zu fördern. Für ein glücklicheres und selbstbestimmteres Leben aller Geinsheimer.“


Die BIGG kommt zu folgendem Fazit:

Die BIGG ist parteipolitisch neutral. Wir möchten dennoch dazu beitragen, dass Kandidatinnen und Kandidaten die für die nächsten 5 Jahre in den Ortsbeirat gewählt werden, beim Thema Lithiumbergbau auch kritische Aspekte im Auge haben und somit einen großen Teil der Bürgerschaftsinteressen vertreten. Darum haben wir die Antworten der Parteien darauf hin analysiert und kommen zu folgender Erkenntnis:

Die FWG spricht sich am klarsten gegen die Tiefengeothermie mit Lithiumgewinnung zwischen Geinsheim und der Fronmühle aus. Auch die Wertschätzung für die Arbeit der BIGG drückt die FWG am deutlichsten aus. Aber natürlich gibt es auch in den anderen beiden Parteien Menschen, die dem Lithiumabbau kritisch gegenüberstehen. Wir möchten Euch ermutigen, die Wahlversammlungen der Parteien zu nutzen und das Gespräch mit den Kandidaten und Kandidatinnen zu suchen, um die aus Eurer Sicht bestmögliche Wahl zu treffen.


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