Das Geothermiekraftwerk Landau steht! Nicht zum ersten Mal – und die Erde bebt trotzdem weiter!

tiefe Risse vor der Landauer Tiefengeothermieanlage Foto: ©Müller

tiefe Risse vor der Landauer Tiefengeothermieanlage Foto: ©Müller



Wir erinnern uns: die Pannenserie des GKW Landau

Das Geothermiekraftwerk Landau ging 2007 als erstes Erdwärmekraftwerk im Oberrheingraben in Betrieb. Anteilseigner waren die Pfalzwerke und der Landauer Energieversorger Energie Südwest. Gefeiert und begrüßt von der Landespolitik, gefördert vom Land Rheinland-Pfalz (Wirtschaftsministerium) und dem Bund (Umweltministerium), finanziert von der Landesbank RLP und der Sparkasse Südliche Weinstraße. Der finanzielle Gesamtaufwand lag bei 22 Mio. Euro. Die Bürgschaften des Landes Rheinland Pfalz beliefen sich auf 4 Mio Euro. Rahmendaten: Fördermenge 50 -70 l/s bei einer Thermalwassertemperatur von 155-160 °C. Die thermische Gesamtleistung beträgt dabei 33 MW, die elektrische Leistung Pmax 4 MW und die erzeugte Wärme maximal 6 MW.


2009 kam es zu den ersten Erdbeben mit Gebäudeschäden

Nach nur zwei Jahren nach Inbetriebnahme kam es am 15. August zu einem Erdbeben der Magnitude 2,7. Zwischen dem 13. und 15. September 2009 folgten weitere 6 spürbare Erdbeben, von denen das Erdbeben vom 14. September eine Magnitude von 2,4 aufwies.

Das Erdbeben vom 15.08.2009 befand sich in unmittelbarer Nähe der Bohrloch-Landepunkte und im gleichen Tiefenbereich wie das geothermisch genutzte Reservoir. Des Weiteren hat auch die Anzahl der Mikroerdbeben seit der Inbetriebnahme der Geothermieanlage zugenommen. Es besteht daher ein kausaler Zusammenhang zwischen der Seismizität seit November 2007 im Bereich um Landau, die auch das Erdbeben vom 15. August 2009 beinhaltet, und der geothermischen Energiegewinnung in Landau.

Die Ursache des Erdbebens war nach Auswertung der Ereignisse eine Erhöhung des Porenwasserdrucks, die durch die Injektion von Wasser in tiefe Gesteinsschichten hervorgerufen wurde. Dies setzte die Scherfestigkeit des Untergrundes herab, so dass im Untergrund vorhandene tektonische Spannungen durch einen Scherbruch, dem Erdbeben, abgebaut wurden. Die vom Porenwasserdruck im Untergrundgestein abhängige Seismizität kann durch Erhöhung oder Reduktion der Fluidfließrate und des Fluiddruckes im Bohrloch erhöht oder reduziert werden.

Die hydraulische Druckausbreitung erfolgt im Porenwasserraum und entlang von Klüften im Gestein des Untergrundes. Dieser langsame Ausbreitungsvorgang führt zu einer zeitlichen Verzögerung zwischen der Änderung des hydraulischen Drucks am Bohrloch einer Geothermieanlage und der daraus folgenden Änderung des hydraulischen Drucks im weiter entfernten Gestein, der für die Erdbebentätigkeit verantwortlich ist.

Tritt eine unerwünscht hohe Erdbebentätigkeit auf, kann der Prozess somit nicht sofort, sondern nur zeitlich verzögert gestoppt werden.

Die geothermischen Bohrungen des Geothermiekraftwerkes Landau zielen auf tektonische Störungszonen, die einerseits eine gewünschte hohe Durchlässigkeit für das heiße Wasser erwarten lassen, andererseits aber auch ein Potential für eine bruchhafte Bewegung beinhalten können. Es handelt sich in Landau um ein hydrothermales System, bei dem die genauen Fließwege des genutzten Wassers im Untergrund unbekannt sind. Die Förderbohrung und die Reinjektionsbohrung liegen in einem Gebiet mit Hauptverwerfungszonen, die entlang des Rheingrabens hauptsächlich in nordsüdlicher Richtung verlaufen. Vermutungen zufolge fließt ein Großteil des injizierten Wassers von der Reinjektionsbohrung in Klüften entlang einer Störungszone Richtung Norden und Süden und gelangt nur schwer zur Förderbohrung.

Am 15. September 2009 wurde das Kraftwerk vom Netz genommen mit der Folge, dass eine Insolvenz drohte. Diese konnte 2013 abgewendet werden, indem die Energie Südwest und die Pfalzwerke ihre Anteile zu 90% an die Geysir Europe GmbH, einer Tochtergesellschaft der Daldrup und Söhne AG verkauften.


Bodenhebungen und Grundwasserschäden in Landau ab 2013 und Stilllegung im März 2014

Im Oktober 2013 wurden bei routinemäßigen Messungen der Stadt Landau Geländeveränderungen festgestellt. In der darauffolgenden Zeit wurden bis März 2014 sich verstärkende Hebungen und Bodenrisse insbesondere im Bereich des Kraftwerksgeländes, im südlichen Gartenschaugelände, den anliegenden Straßen, Bahngleisen und bis hin zu dem Wohnpark „Am Ebenberg“ festgestellt. Ursache der Geländebewegungen war ein Leck in einer der beiden Bohrungen in bis zu 500 Meter Tiefe.

Im April 2014 wurden Grundwasserbeeinträchtigungen bekannt. Untersuchungen des Grundwassers in den Brauchwasserbrunnen auf dem Gelände des Geothermiekraftwerks ergaben erhöhte Werte an Chlorid, Natrium und Arsen, die auf ein Eindringen von Thermalwasser hinwiesen. Auch in einem Beregnungsbrunnen wurden erhöhte Arsenwerte festgestellt.

Im tiefen Untergrund des Rheingrabens sind natürlich entstandene salzhaltige Wässer vorhanden, die auf ein früher dort vorhandenes Meer zurückzuführen sind.

Diese Wässer führen neben Kochsalz auch Metalle wie Calcium, Eisen, Mangan, Strontium, Magnesium, Aluminium, Arsen, Bor, Barium, Nickel, Zinn, Rubidium und Lithium. Die natürlichen Gehalte an diesen auch giftigen und radioaktiven Elementen im tiefen Untergrund überschreiten die Grenzwerte der Trinkwasserverordnung, insbesondere in den Tiefenwässern des Oberrheingrabens, um ein Vielfaches.

Das Kraftwerk wurde am 14. März 2014 abgeschaltet. Bis zur Wiederinbetriebnahme dauerte es rund vier Jahre. Ende November 2018 wurde das Geothermiekraftwerk mit verminderter Förderleistung erneut in Betrieb genommen, nachdem der Landauer Stadtrat sich neu positioniert hatte. Nach nur zwei Tagen wurde das Geothermiekraftwerk am 29.11.2018 erneut abgeschaltet, nachdem Isopentan aus der Anlage ausgetreten war.

Bis Anfang 2020 verkaufte die Daldrup & Söhne AG ihre Anteile zu 100 Prozent an den Luxemburger Fonds IKAV Invest. Die Firma Geox blieb aber weiter Betreiber der Anlage in Landau. Im Juni 2020 wurde der Betrieb erneut aufgenommen. Ermöglicht wurde dies durch technische Nachbesserungen, reduzierter Fließrate von 50l/Sec. und gesenktem Druck von 35 statt 40 bar. Es wurden neue Sensoren eingebaut, die Dichte der Verrohrung durch eine doppelte Verrohrung erhöht.

Die Neuerungen wurden von der kommunalen Politik positiv aufgenommen. Bürgermeister Thomas Hirsch erwartete von der Erdwärmegewinnung einen positiven Beitrag zum Klimaschutz und zur Energiewende.


Seit Januar 2023 ist die Anlage stillgelegt

Doch nun steht das Kraftwerk erneut und produziert seit dem 24.01.2023 keinen Strom und keine Wärme. Erst Recherchen des SWR deckten den Stillstand auf. Die große Einweihung der extra neben dem Kraftwerk für 40 Mio. Euro errichteten Lithiumelektrolyse-optimierungsanlage der Vulcan Energy wurde demzufolge ohne das signifikant erforderliche Tiefenwasser des Kraftwerks gefeiert.

Verschleiß an der Anlagentechnik seien festgestellt worden, heißt es. Und das nach nur zwei Jahren „technischer Nachbesserungen“?  Der Kraftwerksbetreiber, die Firma Geox, plane aktuell weitere Prüfungen und die Instandsetzung der Anlage, so die Landesbehörde. Wann und vielleicht ob überhaupt die Anlage wieder hochgefahren werden kann, ist nicht bekannt.


Trotz Abschaltung vor knapp einem Jahr: Neue Erdbebenereignisse durch das GKW Landau

Am 27. August und 04. November diesen Jahres ereigneten sich erneut induzierte Erdbeben, ausgelöst vom Geothermiekraftwerk Landau, knapp ein Jahr nachdem die Anlage heruntergefahren werden musste. Die Medien berichteten über diese aktuellen Ereignisse nicht, die Politik in Landau wirft den Deckmantel des Schweigens darüber. Stattdessen sieht man seismische Ereignisse in der Vergangenheit und in der Tiefengeothermie eine Chance für die Wärmewende in Landau.

„Wir haben bei der Tiefengeothermie eine große Lernkurve gemacht“

Thomas Kohl, Professor am KIT Karlsruhe bei der Landauer Infoveranstaltung im Juni dieses Jahres

Das Geothermiekraftwerk Landau hat in seinen wenigen Betriebsphasen zwischen 2009 und 2023 60 induzierte Erdbeben ausgelöst. Und auch die Abschaltung Anfang des Jahres scheint die Aktivitäten im Untergrund nicht stoppen zu können.

Man fragt sich ernsthaft, welche große Lernkurve bei der Tiefengeothermie jemals gemacht wird.

Autorin: Ariane Stachowsky

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