Ernüchternder Besuch der Pilotanlage in Insheim

Zum Infotag vom 26.09.2022 in Geinsheim kam ich als besorgte Betroffene, die in unmittelbarer Nähe der geplanten Lithiumfabrik bzw. Geothermiekraftwerk lebt, in ein Anschlussgespräch mit mehreren Mitarbeitern und Herrn Kreuter von Vulkan Energy. Um meine Bedenken wegen des dauerhaften Lärms zu beseitigen, wurde mir geraten unbedingt das Geothermiewerk in Insheim zu besuchen.

Insheim Geothermieanlage – Foto: Dietmar von Blittersdorff

Am 06.10.2022 nahm ich an der Infoveranstaltung für den BUND in Insheim teil. Es waren insgesamt 18 Teilnehmer aus BUND-Ortsgruppen Neustadt, Bad Dürkheim und Landau mit dabei. Bei der Ankunft konnte ich tatsächlich nichts von der an der A65 gelegene Geothermieanlage hören, da die angrenzende Autobahn so laut war, dass der Lärm der Anlage übertönt wurde. Im Werk sah, beziehungsweise hörte, sich die Sachlage ganz anders an. Der Lärmpegel der Pumpe der Förderbohrung und die Lüfter haben einen lauten, nervenden Ton der den ganzen Körper durchdringt.

Zunächst wurden wir sehr freundlich von einer Mitarbeiterin empfangen und in einen Container geführt, der als Seminarraum diente. In diesem wurden wir mit frischem Obst und Getränken gastfreundlich begrüßt. Die Mitarbeiterin erklärte uns anhand einer PowerPoint Präsentation von dem geplanten Vorhaben in Geinsheim.

Währenddessen und im Anschluss an die Präsentation konnten die Teilnehmer Fragen stellen. Die Mitarbeiterin wirkte sehr transparent und ehrlich, sie gab zu, dass die Lithiumgewinnung im Vordergrund steht und die Wärme nur als „Abfallprodukt“ verkauft werden soll. Wenn keine Wärme abgenommen werden sollte, würden sie stattdessen Strom erzeugen, auch wenn hier die Effizienz nur bei geringen 10-15% liegen würde. Im ersten Moment hört sich dies auch absolut nach einer Win-win-Situation an. Die Bedenken einiger Teilnehmer wurden meines Erachtens aber sehr lapidar schöngeredet.

So ging es um den Schutz des Grundwassers. Hier wurde auf die gründliche Abdichtung des Bohrlochs
durch „Multibarrieren-Systeme“ aus mehreren Schichten Stahl und Zement verwiesen. In Geinsheim soll aber anstatt 62 Liter/Sekunde wie in Insheim, 200 l/s gefördert werden. Offen blieb die Frage, ob es Erfahrungswerte mit dieser Fördermenge über mehrere Jahre gibt, was die Dichtigkeit des Materials betrifft?

Einige stießen sich an dem Begriff des CO2 freien Lithiums, wenn man bedenkt das täglich zwischen 40-60 LKWs zwischen Geinsheim und Frankfurt zur Firma Höchst pendeln sollen. Antwort der Mitarbeiterin: Die Energie, die die LKW brauchen für den Hin- und Rücktransport, sind hier inkludiert. Die Wärme aus der Erde bringe mehr Energie als das was die Verarbeitung alles braucht.

Anschließend bekamen wir eine Führung über die Anlage. An der Entnahmestelle war der Lärm der Förderpumpe, die sich in 600 m Tiefe befindet, sehr enorm, man konnte hier in der Nähe kein normales Gespräch führen. Noch schlimmer empfand ich persönlich das Geräusch der Lüfter, das den ganzen Körper durchdringt und auf die Nerven geht. Tatsächlich am lautesten aber waren die Turbinen für die Stromerzeugung, die ohne Ummantelung frei unter einem Dach, wirklich sehr laut waren. Hier wurde darauf hingewiesen, dass die Turbinen ummantelt werden könnten und es so nicht in Geinsheim sein würde. Auch die Lüfter wären schon etliche Jahre alt und würden nun in der aktuellen Generation weniger Lärm erzeugen, dafür verschwieg sie, dass in Geinsheim doppelt so viele geplant sind.

Foto: Karina Fuchs


Hier das Betriebsgeräusch der Geothermieanlage in Insheim

Wir bekamen auch die Pilotanlage der Lithiumextraktion gezeigt. Hierbei kann man sich nicht vorstellen, wie ein doch sehr kleiner Maßstab auf eine industrielle Verarbeitung übertragbar sein sollte. Auf die im Gespräch verwiesene Anlage, die 500 x größer in der Geothermieanlage in Landau errichtet werden soll, stand laut einem Techniker (unberührt) in der Halle. Auf die Frage, wenn das Lithium so wichtig ist und die Forschung daran so eilig, wieso da keine 8-10 Arbeiter diese „500x größere Extraktionsanlage“ schon in Landau aufbauen und sie hier so ungenutzt gelagert wäre, blieb die Mitarbeiterin uns die Antwort schuldig.

Die Mitarbeiterin berichtete das in der Laboranlage pro Liter Solewasser 180 mg Lithium extrahiert werden kann. Die Frage bei wieviel mg es für Vulkan Energy wirtschaftlich wäre, nannte sie die eben erwähnten 180 mg/pro Liter. Sollte dauerhaft weniger gefördert werden, der Lithiumpreis durch zurückgehende Nachfrage oder mehr Förderung in Australien fallen, wäre die Förderung für Vulkan Energy nicht mehr rentabel und somit würde das Kraftwerk nicht mehr von ihnen weiterbetrieben. Hier könnte ein Vorkaufsrecht für die Stadt Neustadt in die Verträge eingebracht werden. Wer bleibt hierbei auf den Kosten sitzen? Wir Bürger durch Verschleudern von Steuergeldern? Steigt der Fernwärmepreis? Oder steht da am Ende eine Industrieruine?

Wir wurden explizit darauf hingewiesen, dass die Injektionsbohrung ohne Pumpe auskommt. Die Sole würde einfach im Erdreich versickern, hierfür würde in Insheim ein side track (ein Seitenast wurde der bestehenden Bohrung hinzugefügt) dafür sorgen. Daher würde das Solewasser ohne Druck zurückgeführt und es würde zu keinen Erdbeben mehr kommen. Interessanter Weise erfuhr ich ein paar Tage später, das am 20.09. ein von Insheim induziertes Erdbeben beim Landesamt für Geologie und Bergbau Rheinland-Pfalz aufgezeichnet wurde. Mit einer Stärke von 0,8. Schaut man sich die Maßnahmen zur Minimierung des geringen Restrisikos der induzierten Seismizität an, war das zumindest Stufe 2. Also doch nicht so transparent und ehrlich. Hier die Liste der Erdbeben in Insheim (vom Landesamt für Geologie und Bergbau)

Es wurden auch noch viele Fragen zu dem Extraktionsprozess gestellt, diese und noch etliche anderen Fragen konnte die Mitarbeiterin leider nicht beantworten und versprach die Antworten hierauf nachzureichen.

Foto: Karina Fuchs

Der Hauptgrund für meine Teilnahme war vordergründig das persönliche Erleben des Lärms, hier konnten mir keine Ängste genommen werden. Im Gegenteil die Anlage ist laut, dauerhaft 24/7 und wird bei uns, zum Glück, nicht von einer Autobahn übertönt. Der geplante Standort liegt 875 m von unserem Wohnhaus, es ist eben, freies Feld, wir liegen direkt in der Windrichtung. Hier hört man nachts die Füchse über große Entfernung bellen, die Eulen und Uhus rufen. Der zweite Grund war mein Interesse an erneuerbare Energie und seine Umweltverträglichkeit. Hier konnten meine Bedenken, leider auch nicht ausgeräumt werden.

Karina Fuchs

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